Endlich wieder mal Besuch aus Deutschland. Und diesmal ein ganz besonderer Besuch. Eltern! Über Ostern haben sie sich auf große Reise begeben und von dem kleinen, sehr hübschen und beschaulichen Gerbershausen in die nur unbedeutend größere Metropole auf den Britischen Inseln gemacht. Zum ersten Flug ihres Lebens konnte ich sie leider nicht überreden, aber wahrscheinlich war die 14 stündige Busfahrt durch Deutschland, Belgien, die Niederlande und Frankreich weitaus stressfreier und etwas informativer. Untergebracht in einem Hotel in Croydon, einem der gefährlichsten Stadtteile Londons, trafen wir uns das erste Mal seit Weihnachten wieder. Wirklich schön, ein bisschen freudentränenreich, aber auch voller Vorfreude meinerseits, ihnen die Stadt zu zeigen, in der ich seit einem halben Jahr lebe und die ich liebe.
Am Samstagmorgen trafen wir uns kurz vor 11 an der Cleopatra's needle (einem Obelisken am Embankment), an der ich schon seit 45 min im Regen wartete und kritisch die im Minutentakt haltenden deutschen (!) Reisebusse beäugte, um sie nicht zu verpassen.Schnee, Regen, Regen - nahezu das ganze Osterwochenende - aber ich komme doch langsam zu der Überzeugung, dass es in London manchmal stereotypgemäß so ist. Hier zahlte es sich doppelt aus, dass wir die Stadtrundfahrt im trockenen, warmen Bus machen konnten.Nach ein bisschen Sightseeing und einem ersten Besuch in einem echten englischen Pub (hier begann die Bekehrung zum englischen Essen und der Pubkultur), machten wir uns auf den Weg nach South Kensington, um Leene und Nico zu treffen. Ich hatte Karten für die Royal Albert Hall besorgt. Symphonic Rock, gespielt vom Royal Philharmonic Orchestra. Quasi moderne Pop- und Rocksongs von einem klassischen Orchester gespielt.
Schon von Außen ist die Royal Albert Hall - architektonisch wie ein römisches Amphitheater - beeindruckend. Übrigens zu ehren eines Deutschen, Prinz Albert von Sachsen-Coburg und Gotha - Mann von Königin Victoria -, gebaut.
Überwältigend übrigens auch von innen! 8000 Leute finden hier drin Platz - und unser Konzert war nahezu ausverkauft. Eine unglaubliche Gänsehautatmosphäre, wenn bei "Living on a Prayer" von Bon Jovi, die ganze Halle den Refrain mitsingt. Wah!
Bei jedem Konzert müssen durchschnittlich 2 Leute den Saal verlassen, weil man auf den obersten Plätzen wohl schonmal n ungutes Gefühl in der Magengegend kriegt. Urgh... gut, dass wir ganz unten in der Arena direkt vor den Musikern saßen. Ein unbeschreiblich geiles Erlebnis für uns alle!
Hier die Zugabe: "We are the Champions" von Queen. Ich glaube, man sieht sogar meine Mama auf dem Video beim Schwenk ins Publikum...
Sonntag gings dann etwas aus London raus. Windsor und Eton College, die nur 5 Gehminuten auseinander liegen und beide zusammen ne halbe Stunde von London mit dem Zug. Zuerst das Elitecollege, in dem eher weniger los war über die Ostertage, aber trotzdem mal ganz interessant zu sehen. Eine sehr schöne Kirche und einige der College-Gebäude, in denen auch Prinz William und Harry die Konjugationsreihe des lateinischen Ablativ gespickt haben.Hier die königlichen Schwäne. Wohl ist es seit Jahrhunderten Tradition die Schwäne zu zählen - und sicher auch zu füttern.Meine Eltern mussten natürlich so viele Pubs so viele Pubs wie möglich sehen und genauso viel englische Küche kennen lernen. Deshalb hier: Ein traditionelles Roast beef, noch rosa in der Mitte, mit vegetables, gravy (die Bratensoße, die es auch praktischerweise in Granulatform im Tesco gibt), roast potatoes und der klassische Yorkshire pudding oben rechts - zum Mittag. Ins Windsor Castle sind wir dann wegen einer superlangen Schlange nicht mehr reingekommen. Und das, obwohl die Queen zu Hause war. Das sieht man daran, dass ihre Flagge mit Hauswappen gehisst war, anstatt des Union Jack - auch beim Buckingham Palace kann man das daran erkennen. Es war einfach zu viel los, Osterwochenende und Nicolas Sarkozy mit Carla Bruni hatten sich für diesen Tag zum Staatsbesuch angekündigt.
Am Montag konnten wir dann, vom strengen "Wir machen eine Bustour und bewegen uns nach strengem Plan von Sehenswürdigkeit zu Sehenswürdigkeit"-Rhythmus befreit, ein bisschen nach unserern eigenen Vorstellungen durch die Großstadt streifen.
Punkt Nummer 1 war dann die National Gallery am Trafalgar Square mit einigen bekannten Gemälden wie Vermeers, Rembrandts, van Eycks, Cézanne, Monet's Seerosenteich (den es auch - wie fies - als Puzzle gibt) und van Gogh's Sonnenblumen, die neben "Two Crabs" meiner Meinung nach völlig verblassen...
Danach Essen im "Sherlock Holmes"-Pub um die Ecke, in dem man - wenn man den Toilettenschlüssel verlangt - eine riesige Lupe mit klitzekleinem Schlüssel bekommt.
Kurzer Abstecher zum British Museum, ein Blick auf den Stein von Rosetta und die Forster's Glasdach und weiter zum London Eye, dass sich sicherlich bei gutem Wetter noch mehr lohnt.
Dann hatten wir doch noch ein bisschen Sonnenschein, sodass ich meine Eltern trockenen Fußes zum Bus bringen konnte. Ich glaube London hat wirklich Eindruck gemacht und sie verstehen mich jetzt ein bisschen mehr, warum ich diese Stadt liebe. Es war schön, euch hier zu haben!
Als Erinnerung an den Sonnenschein, noch ein Foto vom Big Ben, der Themse und fetten Vögeln bei Abendsonne.